Frauen drängen in Saudi-Arabien immer stärker in wirtschaftliche Führungspositionen vor. Das tut nicht nur den Frauen selbst gut, sondern auch dem ganzen Land.
Saudi-Arabien und Erfolge für Frauen in einem Satz? Das kommt gefühlt nicht oft vor, ist aber diesmal angebracht:
- Frauen haben ihren Anteil am Arbeitsmarkt zwischen 2018 und 2022 auf 37% verdoppelt
- Sie machen im mittleren und oberen Management von Unternehmen inzwischen 44% aus, so staatliche Daten
Also man mag von offiziellen Daten aus Saudi-Arabien halten was man will (aka: Vorsicht ist angebracht), aber dass sich etwas verändert, das ist nicht wegzureden.
Bloomberg berichtet in einem spannenden neuen Artikel von einer “dramatischen” Wende darin, wie Frauen in der Wirtschaft auftreten. Dabei konnte die Zeitung sogar seltene Interviews mit Spitzenmanagerinnen führen, denen sie illustre Titel wie “The Dealmaker” und “The Finance Guru” verpasst haben.
Anekdoten und Daten kommen zusammen, um ein Bild zu kreieren, welches auf einen kräftigen Modernisierungsschub seit 2018 hindeutet. Etwa seit damals kontrolliert der junge Kronprinz Mohammed bin Salman das Land.
Also, um eines klarzustellen: Die Lage von Frauen in Saudi-Arabien bleibt weiter prekär, insbesondere außerhalb der Hauptstadt Riad und bei Frauen aus Familien, die nicht zur Ober- oder gehobenen Mittelschicht gehören.
Und “MBS” bleibt weiterhin ein lupenreiner Autokrat.
Dass die Frauen im Land aber ganz eindeutig zulegen, ist schlicht und ergreifend eine “Good News”: Sie werden finanziell autonomer, gesellschaftlich sichtbarer und - indirekt - politisch einflussreicher.
Und: Es ist das smarteste, was Saudi-Arabien machen konnte.
Ihre Mobilität einzuschränken, ihren Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt ebenso. Das ist als würde man boxen, aber sich einen Arm hinter dem Rücken festbinden. Macht man nicht, weil’s dämlich ist.
Das Wachstumspotenzial für Saudi-Arabien ist also gewaltig, sobald Frauen noch stärker in den Arbeitsmarkt vordrängen und sich darin etablieren.
Das hat übrigens auch Lehren für uns in Deutschland.
Die Situation ist hierzulande natürlich eine andere. Bei uns sind Frauen vor dem Gesetz gleichberechtigt und erleben eine viel bessere, wenn auch stellenweise verbesserungswürdige Chancengleichheit. Unser Frauenanteil am Arbeitsmarkt ist mit 46,9% schon mal relativ nahe an der Parität.
Und doch muss da noch so viel mehr gehen. Der Erwerbstätigenanteil bei Frauen liegt bei 75,2%, der von Männern bei 83%. Nur 25% der Selbstständigen mit Mitarbeiter:innen sind Frauen. Und was die Erwerbsquoten verstecken: Die Hälfte aller Frauen arbeitet in Teilzeit!
Saudi-Arabien wird keinen stärkeren Hebel für seinen Wohlstand der Zukunft finden, als die Erwerbstätigkeit und -fähigkeit von Frauen. Und auch bei uns in Deutschland ist es einer der besten Wege, den Fachkräftemangel anzugehen und unseren gemeinsamen Wohlstand zu steigern.
Ich will ja nicht sagen, dass wir von Saudi-Arabien lernen können, denn das stimmt nicht. Aber wenn selbst dort Frauen gerade eine Arbeitsmarkt-Renaissance erfahren, dann kriegen wir das doch garantiert auch hin?
