Da wären sie wieder, die Hiobsbotschaften über die deutsche Wirtschaft
Das ifo-Institut und das IfW, zwei der führenden Wirtschaftsinstitute, haben ihre Wachstumsprognosen gekappt.
- 0,2% Wachstum im Jahr 2024, so ifo; das IfW rechnet gar nur noch mit 0,1%
- Im Januar lag die Prognose noch bei 0,7% (ifo) und 0,9% (IfW)
- Auch die Bundesregierung erwartet für 2024 nur noch 0,2% Wachstum
- Für 2025 immerhin 1,5% (ifo, +0,2 PP) und 1,2% (IfW, +-0)
Das ist ein unglaublich mageres Wachstum und auch eine scharfe Abwärtskorrektur vom Januar. So wirklich überraschen kann es natürlich nicht. Konjunkturell läuft es bei uns miserabel und auch die strukturellen Schwierigkeiten beißen so stark, dass sie sich nicht mehr ignorieren lassen.
Wie ihr alle wisst, halte ich ein Strukturproblem (fast) allen anderen für überlegen: Der Fachkräftemangel hat meines Erachtens nach einen schlimmeren Effekt auf unseren Wohlstand und unsere Zukunftsfähigkeit als...
- hohe Bürokratie (denn mehr Fachkräfte -> digitalere und weniger personalknappe Bürokratie)
- teure Energie (denn mehr Fachkräfte -> schnellere Energiewende)
- oder hohe Steuern (mehr Fachkräfte -> mehr Wirtschaftsleistung, weniger Umsatzdruck auf dem Staat, mehr Steuersenkungen)
Wenn die Wirtschaftsinstitute also die Prognosen kappen und die Regierung selbst in ihrem Wirtschaftsbericht von mittelfristig schwachem Wachstum spricht - also mehrere Jahre lang, über einen kleinen Abwärtszyklus hinaus -, dann hängt das ganz stark mit dem Fachkräftemangel zusammen.
Wenn es zu wenig Fachkräfte gibt, können Firmen nicht genug expandieren, schließlich finden sie kein Personal. Außerdem müssen sie an einem extrem straffen Arbeitsmarkt miteinander konkurrieren, was die Arbeitskosten steigert. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit sinkt und das Ausland stellt seine Importe um; die Preise hierzulande steigen. Der Konsum wird gedrückt, was sich wiederum auf die Umsätze der Firmen auswirkt (oder die Reallöhne steigen, womit eben wieder die Kostenseite steigt). Im Zweifelsfall droht eine langsame Abwärtsspirale, in welcher das Wirtschaftspotenzial des Landes über die Jahre abgetragen wird, da Firmen den heimischen Kosten- und internationalen Wettbewerbsdruck nicht aushalten.
Das Worst-Case-Szenario muss nicht immer eintreten und tut es auch nicht immer. Nicht jede Inflationsperiode eskaliert in die Hyperinflation; nicht jede Deflation eskaliert in eine Weimarsche Deflationskrise. Und nicht jeder Fachkräftemangel muss in den wirtschaftlichen Abgrund führen. Ein Best-Case-Szenario wäre, dass der hohe Personaldruck Firmen zu mehr Produktivität, etwa durch Automatisierung, zwingt und damit mehr Innovation und gesamtwirtschaftliche Effizienz herbeiführt.
Aber da sind wir um ehrlich zu sein wieder mit langsamen Genehmigungsverfahren, hoher Bürokratie und einer ausgeprägten Technologieskepsis im digitalen Raum nicht optimal aufgestellt.
Wenn wir also eine Chance haben wollen, in den kommenden Jahren doch wieder stärker zu wachsen, dann müssen wir uns endlich des Fachkräftemangels annehmen. Was wir zu tun haben, ist seit langem bekannt. Wir müssen es nur endlich mal tun.