Schadet das Bürgergeld dem Arbeitsmarkt? Bislang haben wir für diese These keine Daten, aber gewisse Indizien
- Die Zahl der Menschen, welche aus dem Arbeitsmarkt in die Grundsicherung wechseln, ist 2023 um 13,7% auf 341.000 gesunken
- Das ist der niedrigste Wert seit Aufzeichnungsbeginn 2005!
Nicht wenige Beobachter hatten befürchtet, dass mit dem Wechsel von Hartz IV zum etwas großzügigeren Bürgergeld ein negativer Effekt auf den Arbeitsmarkt folgen würde. Die neuen Daten sind ein Indiz dagegen.
Allerdings auch nur ein Indiz. In die Zahl spielt ja so einiges rein, etwa, dass viele Menschen aktuell Sorgen über sinkende Reallöhne - da war ja was mit Inflation - haben dürften und womöglich deswegen trotz Bürgergeld auf Kündigungen verzichten. Und dass der Arbeitsmarkt so straff ist, dass wohl viele gar keine Grundsicherung benötigen bzw. auf steigende Löhne hoffen.
‼️ Den Schluss zu ziehen, dass das Bürgergeld gar keinen oder nur einen kleinen negativen Effekt habe, wäre also etwas verfrüht. Wir wissen es einfach noch nicht. Dafür herrscht aktuell zu viel Störgeräusch in der makroökonomischen Lage; die 18 Jahre unter Hartz IV sahen sehr anders aus als das eine Jahr mit dem Bürgergeld.
Sehr charmant (oder besorgniserregend?) in diesem Sinne ein Spiegel-Online-Artikel zu dem Thema. Die URL und Google-Headline lautet nämlich noch "Bürgergeld fördert Wunsch nach Arbeit, zeigen Statistiken" - Autsch. Da ist jemand sehr selbstbewusst und vorschnell in einen Kausalzusammenhang reingesprungen. Auch im Artikel selbst ist noch davon die Rede, dass erste Statistiken zeigen würden, dass "die Wirkung für den Arbeitsmarkt eher positiv" sei - ebenfalls eine überhaupt nicht robust unterstelle Kausalität.
Auf mich wirkt es sehr wahrscheinlich, dass das Bürgergeld einen negativen Effekt auf den Arbeitsmarkt hat. Eine großzügigere Grundsicherung bedeutet erst einmal, dass insgesamt mehr Menschen mehr Zeit in der Sicherung verbringen. Die Frage ist aber natürlich, ob dieser Effekt ein bisschen negativ oder sehr stark negativ ist. Zumindest die teils befürchtete "Kündigungswelle" hat es bislang aber definitiv nicht gegeben.
Irgendwann haben wir genug Daten, um die Fragen über den Arbeitsmarkteffekt des Bürgergelds halbwegs robust zu beantworten. Dann darf auch die Kausalität folgen.