Der Fachkräftemangel beginnt in der Schule. Das deutsche Bildungssystem hat in den letzten Jahren einen falschen Trend eingeschlagen. Was lehren andere Länder?
Fachkräftemangel oder -verfügbarkeit ist in hohem Maße auch eine Funktion des Bildungssystems. Je besser unsere Schulen die Kinder auf die Arbeitswelt vorbereiten, umso größer ist unser Pool aus Fachkräften. Das ist im Detail natürlich einfacher gesagt als getan.
In den letzten Jahren waren Deutschlands Ergebnisse bei Vergleichstests wie Pisa und Vera meist schlecht. Interessant finde ich als kleine Inspirationen, wie es besser geht - keineswegs als holistische Lösungen - zwei europäische Beispiele.
Estland versucht das Digitale aus seinen Klassenzimmern herauszuhalten. Lehrer und Schüler agieren analog und müssen damit auch eine direkte soziale Interaktion miteinander erreichen.
Das mag überraschen, denn Estland gilt als Bastion der Digitalisierung. Und tatsächlich taucht das Digitale in den Schulen auf, nur eben nicht im Unterricht: In der Verwaltung, in der Datenverarbeitung, in der Schule-Eltern-Kommunikation und auch bei den Hausaufgaben. Das macht den gesamten Schul- und Klassenbetrieb effizienter, doch belässt die eigentliche soziale Interaktion, den eigentlichen Lernmoment im Klassenzimmer analog.
Damit schneidet Estland recht gut ab, denn unter den europäischen Ländern ist es in den Bildungsrankings meist ganz oben dabei. Die Niederlande haben jüngst etwas ganz Ähnliches beschlossen, dass ich aber hervorhebenswert fand: Smartphones komplett aus den Klassenzimmer und auch den Pausen verbannt. Das war in weiterführenden Schulen bereits seit Jahresanfang der Fall, jetzt auch in Grundschulen.
Damit eskalieren sie ein Modell, welches sich bewährt gemacht hat: Die Pausen seien geselliger und sozialer geworden, die Lern- und Konzentrationsfähigkeit habe sich verbessert. Das ist zwar alles noch anekdotisch, aber ich kann mir gut vorstellen, dass Smartphones das Lehren und Lernen (und Sozialisieren) tatsächlich nicht einfacher machen.
In Deutschland wären das beides revolutionäre Ansätze. Wir versuchen derzeit, Tablets und Laptops in die Klassenräume zu bringen, auch wenn uns das so langsam gelingt, dass auch die aktuelle Schulgeneration noch weiß, was ein Overhead-Projektor ist. Und wie mit Smartphones zu verfahren ist, entscheiden alle Schulen individuell; es gibt keine weitflächigen Regeln.
Was denkt ihr? Sind die estnischen und niederländischen Ansätze auch für Deutschland eine sinnvolle Idee? Quellen: DW & Handelsblatt.